Definition

Das Syndrom der überaktiven Blase (OAB) – bestehend aus imperativen Harndrang, Pollakisurie, Nykturie mit und ohne Harndrang (Drang- oder Urgeinkontinenz) – zeichnet sich durch einen überfallartigen Harndrang aus [1], der schon bei geringen Füllungsmengen den Toilettengang erzwingt. Folglich ist der Harndrang gepaart mit häufigen Entleerungen (Pollakisurie) und dies natürlich auch zur Nachtzeit (Nykturie). Ursächlich sind ungehemmte Kontraktionen des Detrusors (M. detrusor vesicae) und/oder eine übersteigerte Blasensensibilität [2]. Die Erkrankung wird meist durch Ausschluss anderer Störungen, z.B. Harnwegsinfektionen oder sonstige organischen Ursachen diagnostiziert.


Epidemiologie und Prävalenz

Die Prävalenzdaten differieren zwischen den einzelnen Autoren zum Teil erheblich. Wir verzichten auf die Aufzählung der verschiedenen Auswertungen und den diversen Gründen zu den Abweichungen. Wir konzentrieren uns bei den nachfolgenden Angaben auf Prävelanzdaten aus der sog. EPINCONT-Studie, die in der Broschüre des Robert-Koch-Institutes „Gesundheitsberichterstattung des Bundes“ aufgeführt werden [2]. Sinnvollerweise differenziert diese Studie zwischen verschiedenen Harninkontinenzformen und stellt auch die Prävalenz von „schwerwiegend Betroffenen“ heraus.

Vorkommen der Harninkontinenz (alle Formen) bei Frauen insgesamt:
unter 30 Jahren 12% (leicht 57%, mittel 31%, schwer 12%)
zwischen 50 bis 54 Jahren 30% (leicht 46%, mittel 33%, schwer 21%)
über 90 Jahre 40% (leicht 24%, mittel 31%, schwer 44%)
Differenzierung zwischen den Harninkontinenzformen:
Belastungsinkontinenz 50%
Dranginkontinenz/OAB 11%
Mischinkontinenz 36%
Andere 3%
Die Prävalenzdaten des höchsten Schweregrades nach Altersunterteilung:
Belastungsinkontinenz 17% (25-44 J. 10% – 45-59 J. 15%, 60+ 33%)
Dranginkontinenz/OAB 28% (25-44 J. 8%, 45-59 J. 18%, 60+ 45%)
Mischinkontinenz 38% (25-44 J. 19%, 45-59 J. 33%, 60+ 53%)

Berücksichtigt man nur die Daten zu schwerwiegend Betroffenen, sind dies 28% aller weiblichen OAB-Patienten bzw. bei den über 60-jährigen Frauen 45% aller OABs. Die Mischinkontinenz macht 38% aller Inkontinenzformen aus.


Physiologie

Die möglichen Ursachen einer überaktiven Blase sind bis dato nicht vollständig geklärt. Eine gängige Unterteilung differenziert das OAB-Syndrom und die Dranginkontinenz in neurogen und nicht-neurogen [3]. Differentialdiagnostisch müssen unentdeckte Infektionen, die keine charakteristischen Beschwerden hervorrufen (Chlamydien, Mykoplasmen, Trichomonaden, etc.), neben zentralnervösen und peripheren Störungen [4], Veränderungen am Blasenauslass und psychosomatische Ursachen diskutiert werden. Grundsätzlich unterliegt der Detrusormuskel einem normalen Alterungsprozess, der ebenfalls zu einem OAB-Syndrom führen kann.

So wird in der Harnblase alter Menschen eine vollständige Durchsetzung der Submucosa sowie der Umgebung der neurovaskulären Bündel und Muskelzellen durch kollagene Fasern festgestellt, was den Verlust der Elastizität des Detrusors bedingt [5],[6],[7],[8]. Durch die Aktivierung von Dehnungsrezeptoren im Urothel und des angrenzenden Bindegewebes kommt es zu vermehrten afferenten Signalen ins ZNS, die zu einer efferenten Antwort in Form von Harndrangsensationen führen. Unter physiologischen Bedingungen werden afferente Signale aus der Blase normalerweise im Thalamus gehemmt und verhindern die bewusste Wahrnehmung im ZNS. Entfallen diese zentralen Hemmungen gelangen die vermehrten Dehnungssignale in das Bewusstsein und werden als Entleerungsreiz wahrgenommen.

Detrusorhyperaktivität und neurogene Detrusorhyperaktivität

Wird nach urodynamischen Merkmalen klassifiziert, steht die (idiopathische) Detrusorhyperaktivität mit Drangsymptomen im Vordergrund. Offensichtlich entstehen über das sakrale Miktionszentrum ständig sensible Reize, die über Afferenzen in das funktionelle Zentrum im Hypothalamus gelangen. Das Ungleichgewicht zwischen der Stärke der afferenten Impulse und der zentralen Hemmung des Miktionsreflexes bedingt eine Detrusorhyperaktivität [9]. Die neurogene Detrusorhyperaktivität entsteht durch eine verminderte zentralnervöse Hemmung des Miktionsreflexes, wie sie z.B. bei einer MS, M. Parkinson oder nach einem Hirnschlag auftreten kann und im Vorgriff auf die folgenden Kapitel nicht auf die Behandlung mit rPMS ansprechen kann. Eine Detrusorhyperaktivität ist oft auch symptomatisch bedingt, d.h. wird – wie bereits beschrieben – durch Entzündungen, Tumore, anatomische Besonderheiten (Descensus vaginae) oder auch einen Östrogenmangel hervorgerufen.

OAB

Das OAB ist meist als Vorstufe einer Draninkontinenz zu sehen und zeichnet sich in Pollakisurie, Nykturie und imperativen Harndrang aus. Hier muss nicht immer eine Detrusorhyperaktivität bestehen.

Integraltheorie

Die Entstehung einer weiblichen UI lässt sich in einigen Fällen mit der Integraltheorie nach Petros erklären [10], [11]. So ist die Vagina im Gesamtkonstrukt des weiblichen Beckenbodens als eine Art „Trampolin“ zu sehen, die durch die verschiedenen Ligamente und Muskelzüge im Ring des knöchernen Beckens immer in einem elastischen Spannungszustand steht. Sinkt der Blasenboden nun durch Lockerung des Trampolingefüges („Insuffizienz des Beckenbodens“) nach unten, kann es unabhängig der Blasenfüllung zur Dehnung des Blasenbodens kommen. Dies erhöht die Reiz-Wahrscheinlichkeit für die am Blasenboden konzentrierten Dehnungsrezeptoren, welche die Signale via afferenter Leitungsbahnen ins ZNS weitergeben [12]. Normalerweise kann der Körper vermehrten und ungeregelten Signalen über zentrale Hemmzentren entgegenwirken, so dass sich das Trampolin durch Kontraktion des Beckenbodens wieder „spannt“. Wenn jedoch die Ligamente überdehnt oder lose sind, ist es für die Muskeln nicht mehr möglich, die Vaginalwand ausreichend anzuspannen. Damit „feuern“ die am Blasenboden sitzenden Dehnungsrezeptoren schon bei niedrigem Füllungsvolumen Signale ins ZNS. Einschränkend wäre hier noch zu erwähnen, dass sich aus Entleerungsstörungen der Blase auch ein Harnverhalt ergeben kann [13],[14].

Gate-Control-Theorie

Ein weiteres Erklärungsmodell und therapeutischer Angriffspunkt ergibt sich aus der erstmals 1965 beschriebenen „Gate-Control-Theory“ zur Schmerzbeeinflussung [15]. So weiss man, dass afferente Signalgebungen aus der Blase durch Interneurone im Sakralmark gehemmt werden können [16]. So blockiert bzw. schliesst die Aktivität dicker, myelinisierter Fasern das „Gate“ und hemmt damit die Überleitung der peripheren Blasenafferenzen, die in dünnen A-Delta/C-Fasern verlaufen. Die dünnen Fasern hingegen öffnen das Gate, so dass die Harndrang-Reize ins ZNS weitergeleitet werden [17]. Die Hemmung bzw. Schliessung des Gates geschieht dabei durch die somatosensiblen Fasern des N. pudendus, nachdem dieser sowohl allgemein somatosensible als auch somatomotorische Nervenfasern enthält.

Pelvic Organ Prolaps (POP) / Deszensus uteri

Unter vaginalem Prolaps versteht man das Absinken der Beckenorgane, was sowohl die Vagina als auch die Gebärmutter bzw. die Zervix (Muttermund) betreffen kann [18]. Davon Betroffene stellen sich für gewöhnlich bei ihrem Frauenarzt mit „Symptomen des unteren Harntrakts“ (Lower Urinary Tract Symptoms“ = LUTS) vor, die aus einer Belastungsinkontinenz, aber auch Drangbeschwerden, Pollakisurie und einer Dranginkontinenz bestehen können [19]. Es ist bezeichnend, dass bei POP (Pelvic Organ Prolapse) eine überaktive Blase (OAB) häufiger auftritt und deshalb eine kausale Beziehung nahe liegt [20]. So hatten laut einer Untersuchung 56 bis 88% der Patientinnen mit vaginalem Prolaps Drangbeschwerden – die aber auch 20 bis 64% der Patientinnen ohne Prolaps zu bieten hatten [21]. Allerdings wird der Zusammenhang zwischen Prolaps und LUTS in der Literatur nur selten erwähnt [22]. Dies bestätigt auch die ICS (International Continence Society), nach der die „LUTS zwar für Frauen ein grosses Problem darstelle, die Symptomursache aber unbekannt sei“ [23]. Ener Studie zufolge, soll die Senkung der vorderen Scheidenwand oder ein Prolaps Verbindungen zur überaktiven Blase haben und direkt mit dem OAB-Schweregrad korrelieren [24].


QRS Pelvicenter rPMS-Wirkung

Erste ermutigende Versuche zur schmerzfreien und nichtinvasiven Magnetstimulation der Sakralnerven haben schon in der 1990ern nahegelegt, die perineale Magnetstimulation bzw. rPMS auch bei der Dranginkontinenz einzusetzen. Dies hängt auch mit dem erweiterten Modell der Integraltheorie zusammen, nach der sich mit einem Beckenbodentraining die frühere Architektur des Beckenbodens und die verloren gegangene Trampolinfunktion der Vagina wiederherstellen lässt und sich so der Füllungsdruck auf den Blasengrund und das Risiko einer Stimulation der Dehnungsrezeptoren vermindert. Dies gilt allerdings nur bei einem OAB-Syndrom oder einer UI, deren Verursachung in einer Beckenbodenschwäche zu suchen ist.

Bezogen auf die Einstellparameter bzw. Reizkonfiguration einer rPMS, wäre damit die zu applizierende Frequenz identisch zur Therapie einer SUI. Stehen allerdings bei OAB / UI die Reizzustände der Blase oder eine ungeordnete afferente Reizweiterleitung ins ZNS im Vordergrund, würde ein auf die Beckenbodenkräftigung ausgelegtes rPMS-Training die eigentliche Verursachung nicht berücksichtigen können. Hier ist in das Behandlungsprocedere die Gate-Control-Theorie mit einzubeziehen. Nachdem eine rPMS ausschliesslich die dicken myelinisierten Fasern des N. pudendus aktiviert und somit das Gate („Weitergabe im sakralen Reflexbogen“) schliesst, so dass die peripheren Blasenafferenzen nicht an die dünnen A-Delta / C-Fasern weitergeleitet werden und solch dünne Fasern auch nicht auf die rPMS reagieren, wird die Weiterleitung des Harndrang-Reizes ins ZNS verhindert.

Dies erinnert an die schon von jedem gemachte Erfahrung, dass durch das „Zusammenkneifen“ des Gesässes (bzw. des Beckenbodens) ein starker Harndrang für einen kurzen Augenblick verschwinden kann. Die daraus abgeleitete Strategie besteht also darin, die Äste des N. pudendus durch eine rPMS zu aktivieren und somit einen pathologisch erhöhten Blasenreiz zu hemmen oder zu überlagern (der Urge-reduzierende Effekt eines kräftigen Beckenbodens über einen negativen Feed-back Mechanismus ist in der Literatur seit den 70er Jahren bekannt).

Demnach hängt alles an einer Stimulationsfrequenz, welche eine verselbständigte und ungerichtete Signalgebung an das ZNS unterbricht. Hier sind Erkenntnisse aus der peripheren Elektrostimulation hilfreich, nach der eine Frequenz von 5 Hz eine maximale Hemmung der Blase über sympathischen Fasern möglich macht. Auch sollen Frequenzen zwischen 5 und 10 Hz eine zentrale Hemmung der Efferenzen (also der motorischen Signalgebung) zur Blase bzw. einer Detrusorhyperaktivität erzeugen [25],[26],[27],[28]. Davon ausgenommen sind allerdings neurogene Blasenfunktionsstörungen wie z.B. der einer Paraplegie [29].


Behandlungsumfang und Therapiezeitraum

Wird eine OAB von einer Beckenbodeninsuffizienz begleitet (Mischinkontinenz), empfiehlt sich eine Behandlungsfrequenz von 2- bis 3-mal pro Woche über einen Zeitraum von 6 bis 8 Wochen (16 bis 20 Anwendungen). Da die zugrundeliegende Störungsursache meist unklar ist, sollten die Behandlungsfrequenzen gesplittet werden. Bei isolierter OAB kann eine erhöhte Behandlungsfrequenz in Betracht gezogen werden.

Die Wahl der richtigen Frequenzeinstellungen und deren zeitliche Abfolge wird im QRS Pelvicenter Handbuch näher erläutert. Diese erhalten Sie als Betreiber eines QRS Pelvicenters mitgeliefert. Ebenso wird der Instruktor bei der Aufstellung des Gerätes u.A. dieses Thema detailliert erläutern.


Erfolgserwartung

Nach 16 bis 20 Therapiesitzungen ist bei ca. 50% der OAB-Patienten eine deutliche Symptomverbesserung sowie bei 10 bis 15% eine Heilung zu erwarten. Der Therapieerfolg tritt mit zunehmender Behandlungsdauer ein. In den überwiegenden Fällen berichten Patientinnen zuerst von einer Verbesserung der Nachtruhe, gefolgt von einer schrittweisen Reduzierung des imperativen Harndrangs. Es kann mit einem bis zu 6 Monate anhaltenden Therapieerfolg gerechnet werden. Es empfiehlt sich daher, einige Monate nach der Erstbehandlung eine Folgebehandlung (8 bis 10 Therapiesitzungen) durchzuführen.


Studienlage

Zur rPMS-Behandlung des OAB-Syndroms oder einer UI (OAB ist der Terminus der ICS, Urge-Inkontinenz ist ein Symptom der OAB) existieren bislang 39 Studien. Davon wurden 11 Studien auf urologischen Kongressen vorgestellt, Abstracts oder Posters wurden jedoch nicht publiziert. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich viele der nachfolgend zitierten Studien auf ein gemischtes Patientenkollektiv mit von Belastungs-, Drang- und Mischinkontinenz beziehen.

Studie 1: randomisierte, prospektive doppelblinde Multicenterstudie [30]

In dieser Multicenterstudie wurden 151 Frauen mit UI im Verhältnis 2:1 in eine Stimulations- und eine Sham-Gruppe randomisiert. Die Behandlung erfolgte 2 x wöchentlich über 6 Wochen. Die Behandlungsparameter betrugen: 560 mT maximale Flussdichte, Frequenz 10 Hz (5-s on / 5-s off) für jeweils 25 Minuten. Das Shamgerät arbeitete nur mit einer maximalen Flussdichte von 20,4% des aktiven Geräts. 

Ergebnis:

Verglichen mit Baseline nahm die Anzahl der Dranginkontinenzepisoden pro Woche in der aktiven Gruppe um -13,08 +/- 11,00; bei Placebo um – 8,68 +/- 13,49 (p = 0,038) ab. Die Drangperioden sanken im Vergleich zu Placebo (- 1,53 +/- 2,39) um -2.65 +/- 2,52 (p = 0,011). Der Urinverlust reduzierte sich in der Verum-Gruppe um 14,03 +/- 34,53 ml versus Placebo mit – 4,15 +/- 40,60 ml (p = 0,0056).


Studie 2: randomisierte, doppelblinde Multicenterstudie [31]

Das Patientenkollektiv bestand aus SUI-, UI- und Mixed-Patienten, die 3 x wöchentlich über 6 Wochen behandelt wurden (10 Minuten 5 Hz / 3 Minuten Pause / 10 Minuten 50 Hz). Für die Placebobehandung wurde die Intensität auf Null heruntergeregelt. Die Patienten erhielten die Information, dass das Verfahren der Geräuschlosigkeit eines CTs entsprechend funktionieren würde.

Ergebnis:

Von den ursprünglich 49 Patienten beendeten 33 Patienten (14 Patienten (58%) der aktiven Gruppe und 19 (76%) der Sham-Gruppe) die Studie. Nachdem die Patienten 500 ml Flüssigkeit getrunken hatten und 30 Minuten sitzend warten mussten, kam es nach der Therapie in der Verum-Gruppe bei keinem Patienten zu einem Urinverlust (21% Baseline), während in der Shamgruppe keine Änderung zu registrieren war. Das Padgewicht betrug in der Verum-Gruppe durchschnittlich 2,59 g, in der Placebogruppe 14,6 g (p = 0,079). Der durchschnittliche Padverbrauch reduzierte sich in der aktiven Gruppe von 3,33 auf 2,0 (p = 0,02) und blieb in der Placebogruppe unverändert. Der QOL-Score verbesserte sich in der aktiven Gruppe von 72,86 (Baseline) auf 84,69 (p = 0,04) und blieb in der Placebogruppe unverändert. 


Studie 3: 37 Patienten mit Drang- oder Belastungsinkontinenz [32]

20 Patienten mit einer Drang- (3 Männer, 17 Frauen, Ø 68,5 +/- 14,2 Jahre) und 17 Patienten mit einer Belastungsinkontinenz. Detrusorkontraktionen zeigten sich zu Studienbeginn bei 8 Patienten. Die rPMS-Behandlung erfolgte 2 x wöchentlich über 8 Wochen (10 min à 10 Hz – 2 min Pause – 10 min à 50 Hz).

Ergebnis (nur UI)

Bei 25 % der Dranginkontinenz-Patienten wurde eine Heilung erreicht. Bei 60% kam es zu einer Verbesserung, bei 15% blieb die Behandlung ohne Wirkung (p < 0,003). Bei 7 der ursprünglich 8 Patienten persistierten urodynamisch Detrusorkontraktionen. Nach 2 Wochen reduzierte sich der tägliche, ungewollte Urinabgang in der Verum-Gruppe pro Tag von 5,6 auf 3,6. Nach 24 Wochen waren zwei Patienten vollständig kontinent (keine Vorlagen) und vier Patienten verwendeten durchschnittlich weniger als eine Vorlage pro Tag.

In der Verum-Gruppe erhöhte sich die funktionelle Blasenkapazität (Füllmenge pro Entleerung) von 141 +/- 50,6 ml vor der Behandlung auf 188 +/- 77,8 ml nach der Behandlung (p < 0,018). Der durchschnittliche I-QOL lag vor der Behandlung bei 62,7 und erhöhte sich nach 4 Wochen auf 77,8 (p < 0,004). Der VAS-Score verbesserte sich nach 2 Wochen ebenfalls von 7,82 auf 5,45 (p < 0,04). 24 Wochen nach der letzten Behandlung hielt das Ergebnis bei 9 von 17 Patienten (52,7%) an. Bei 8 Patienten (47,1%) trat die frühere Symptomatik wieder auf. 3 dieser 8 Patienten wünschten sich weitere rPMS-Anwendungen.


Studie 4: 48 weibliche Patienten mit OAB [33]

Die rPMS Behandlung erfolgte mit einer Frequenz von 10 Hz, 2 x wöchentlich je 20 Min über einen Zeitraum von 8 Wochen.

Ergebnis nach 2 Wochen:

Insgesamt erreichten 27 Patienten (56,3%) eine deutliche Abnahme der Symptomatik, wobei sich bei 33 von 48 Patienten (68,8 %) die Drangsymptomatik, bei 27 von 48 (56,3%) die Frequenz und bei 8 von 16 Patienten (42,8%) die Dranginkontinenz verbesserte. Die durchschnittliche Häufigkeit der täglichen Toilettengänge nahm um 42,8% ab (p < 0.001). Das gesamte Urinvolumen blieb gleich, womit sich die jeweilige Einzel-Urinmenge entsprechend erhöhte.

Ergebnis nach 24 Wochen:

Fast alle der 27 Patienten (96,3%) zeigten die Symptomverbesserung auch noch nach 24 Wochen.


Studie 5: 26 Patienten mit einem OAB-Syndrom [34]

Untersucht wurden 26 Patienten (2 männlich, 24 weiblich / Ø 39,5 Jahre) mit einem OAB-Syndrom. Die rPMS-Behandlung erfolgte 2 x wöchentlich mit einer Frequenz von 10 Hz über einen Zeitraum von 7 bis 8 Wochen.

Ergebnis nach 8 Wochen und 3 Monaten

Bei 23 der 26 Patienten kam es zu einer signifikanten Abnahme der Drangsymptomatik (Häufigkeit der Toilettengänge). Lediglich bei 2 Patienten zeigte sich keine Verbesserung. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Miktionen nahm um 38,1% ab (p < 0,001). Vor der Behandlung berichteten 8 OAB-Patienten (31%) über eine oder mehrere Inkontinenzepisoden. Nach der Behandlung war dies nur noch bei 4 Patienten der Fall. Zu einer signifikanten Änderung der Blasenkapazität gegenüber Baseline kam es jedoch nicht.

Ergebnis nach 6 Monaten

Nach 6 Monaten blieb bei den 15 auswertbaren Patienten das zuvor erreichte Ergebnis bei 14 Patienten (93%) erhalten. Die Anzahl der täglichen Miktionen hatte von 15,8 +/- 5,3 auf 9,9 +/- abgenommen (p < 0,001).


Studie 6: gemischtes Studienkollektiv [35]

Studienkollektiv waren 66 Patienten (23 männlich, 43 weiblich), mit Mixed- und Drangsymptomatik. Die durchschnittliche Anzahl der Anwendungen betrug bei den Männern lediglich 7,7 +/- 3,8 bzw. 10,4 +/- bei den Frauen. Die Behandlung selbst wurde über 20 Min. mit niedrigen und höheren Frequenzen durchgeführt.

Ergebnis

57,1% der Männer zeigten eine signifikante Verbesserung und zusätzlich 9,5% leichte Verbesserungen – während bei 29% die Behandlung ohne Wirkung blieb. Bei den Frauen kam es nur bei 35,1% zu einer signifikanten Verbesserung und bei 37,8% zu einer leichten Verbesserung, während bei 24,3% die Behandlung ohne Effekt blieb. Vor der Behandlung klagten 66,7% der Frauen über Drangsymptome, nach der Behandlung lediglich 7,4%.


Studie 7: Prospektive Studie [36]

Gemischte Inkontinenzgruppe mit 24 Teilnehmern (12 Drang und 12 Mixed). Die Dranginkontinenz-Patienten wurden mit 10 Hz über 20 Min. mit 2 Min. Pause behandelt, die Mixed-Patienten mit 10 und 50 Hz (2 x wöchentlich über 8 Wochen).

Ergebnis:

Der ungewollte Urinverlust verbesserte sich bei 58% der Patienten. Eine signifikante Anzahl der Patienten war mit der Behandlung zufrieden (p < 0,001). 3 von 24 waren nach der Therapie vollständig kontinent. Von 12 Dranginkontinenz-Patienten war die Behandlung bei 6 Patienten (50%) erfolgreich (p < 0,005). In der Mixed-Gruppe war dies bei 8 Patienten (67%) der Fall (p <0,01). Subjektiv verspürten 70% aller Patienten eine Verbesserung (p < 0,01) – während 30% entweder keine Änderung oder eine Verschlechterung der Symptomatik angaben.


Studie 8: Gemischte Inkontinenzgruppe SUI/OAB [37]

Gemischte Inkontinenzgruppe mit 49 SUI und 44 OAB Patientinnen. Referiert wird hier lediglich die OAB-Gruppe. 34 Personen haben die Behandlung vollständig absolviert. Die Therapie hat 2 x wöchentlich über 9 Wochen stattgefunden. Die Behandlungsparameter waren 50 Hz (3 Sek.), Pause (6 Sek.), 10 Hz (3 Sek.), Pause (6 Sek.).

Ergebnis:

Die Responderrate („deutliche Verbesserung der OAB-Symptomatik“) lag bei 61,7% (21 von 34 Personen). Bezieht man die Dropouts mit ein (Intention-to-treat-Analyse) beträgt sie 47,7% (21 von 44 Personen). Nach dem UDI-6 (Urogential Distress Inventory), der für ältere Frauen und Männer validiert ist [38] und Symptome und deren Schweregrade abfragt sowie nach obstruktiven und irritativen Symptomen differenziert, sank der durchschnittliche Score von 9,7 +/ 4,2 (Baseline) nach 9 Wochen auf 4,0 +/- 1,7 (p < 0,01). Im IIQ-7, der Kurzform des Impact Incontinence Questionnaire, der den negativen Einfluss der Inkontinenz auf Aktivitäten des täglichen Lebens untersucht, sank der Score von 10,8 +/- (Baseline) auf 3,5 +/- 4,4.


Zusammenfassung

Die hohe Nebenwirkungs- und Abbruchrate der als Firstline-Therapie propagierten Anticholinergika, die intravesikale Botolinumtoxin-Injektion mit rasch nachlassender Langzeitwirkung trotz wiederholter Anwendung oder in letzter Konsequenz als ultima ratio der operative Einsatz eines Neuro-Stimulators der Sakralwurzeln, stellen die hohe Bedeutung einer einfacheren, schmerzfreien, nichtinvasiven und vor allem effektiven Therapieform wie der rPMS heraus.

Die rPMS stellt sich als eine einfach zu handhabende und zielführende sowie (nahezu) nebenwirkunsgfreie Harninkontinenz-Therapie (SUI/UI/OAB/Mix) heraus und erhebt konsequenterweise den Anspruch darauf, sich im Laufe der nächsten Jahre als eine der Firstline-Therapieoptionen zu etablieren. Dieser Anspruch gerechtfertigt sich aus dem Grunde, weil bei einer überschaubaren Therapiedauer von 16 bis 20 Anwendungen, mit je 15 bis 20 Min. Behandlungsdauer, lt. evidenter Studienlage, in einem Zeitraum von 6 bis 8 Wochen von einer deutlichen Symptomverbesserung oder Heilung bei 50 bis 65% aller Patientinnen ausgegangen werden kann. Zudem kann Patientinnen, die einen invasiven Eingriff verneinen, oder für ein konventionelles BeBo-Training absehbar ungeeignet sind, oder einer Elektrostimulation schambehaftet gegenüberstehen, eine effektive Therapielösung angeboten werden.


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